Geschichte, eine Geschichte zur ARCHE

30.11.2022 05:52 (zuletzt bearbeitet: 02.12.2022 04:15)
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#1 Geschichte, eine Geschichte zur ARCHE
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Herzensangelegenheit

Es berührt mich persönlich, ja, und schon sehr wenn dieses Projekt so breit unterstützt wird.

Zu meiner Zeit, in den Siebzigern gab es dieses Projekt (noch) im Stadtteil nicht.
Es war und ist bis heute ein Stadtteil in Hamburg in dem überwiegend Einkommensschwache Familien , alleinerziehende Mütter, Väter mit ihren Kindern leben.

Hochhaussiedlung, Clans, Kriminalität, Drogen,Übergriffe,Alkohol-/ Tablettensucht, Gewalt und große finanzielle wie emotionale Armut.
Dazu Realitäten vom Leben auf der ‚Straße‘ welche nicht nur für die Kleinsten schnell zum Alptraum werden.

Anfang der Siebziger;

Die Gruppe in der ich mich gerne aufhielt, Sieben bis 10 Jährige Jungen und Mädchen gingen gerne an den Sonntagen und zu Weihnachten in diese eine kleine Kirche in Hamburg-Jenfeld.

Ein älterer Nachbarsjunge nahm uns einst mit und versprach uns einen geschützten warmen Raum mit heißem Tee, manchmal Keksen und Kerzenlicht.

Wir gingen nach dem ersten Besuch so oft es ging in diese kleine Kirche in Hamburg Jenfeld.
Die Entfernung ca. eine halbe Stunde zu Fuß war uns ,Kleinen’ nie zu weit oder zu beschwerlich.Obwohl die Winter, der Schnee, in dünner Kleidung für Kinder schon eine große Herausforderung sein können.
Meine wenigen ungeeigneten Klamotten waren dann immer schnell bis auf die Haut durchnässt.Dadurch wurde es bitterkalt.So kalt das die Haut in der geschützten Kirche erst schmerzte und sich nur langsam erholte.Dann mussten wir auch schon wieder gehen, zurück.
Bewegung, Gesang der Lieder und hüpfen im Schnee halfen uns auf dem Weg die Kälte zu vergessen.

Die Freude, die Wärme auf den nächsten Besuch in blieb immer groß.

An der kleinen Kirche angekommen kamen wir Kinder dann mit vielen fremden Menschen zusammen.
Erst sumpten wir, später, als wir die Lieder auswendig kannten sangen wir ihre Texte mit.
Erst ein wenig fremd, dann nach probieren und einfach machen, mitmachen, glücklich.
Glückselig kamen uns die Fremden Lieder auf einmal ganz leicht über die Lippen.
Texte mitsingen bzw. es zu versuchen wurde mit jedem Besuch leichter.
Texte die in einem Büchlein gereicht wurden.

Dabei konnten die meisten von uns noch gar nicht lesen.Aber auch das war egal.

Die kleine Kirche war in dieser Zeit bis zum letzten Platz gefüllt. Wir Kinder durften immer mit in den gefüllten Raum und uns an die zügigen Fenster oder in die letzte freie Ecke des Raumes stellen.

Andere, Größere aus dem Stadtteil warten im Vorraum oder draußen und lauschen von dort, sangen dort oder versuchten mitzuhören was im Inneren gesagt wurde.

Die Tür zur Kirche blieb dabei geöffnet und Menschen tauschten dann auch mal mit den im kalten Wartenden gerne ihren Platz im Inneren der kleinen Kirche.
So bekam wohl jeder mal ein wenig von der Wärme des Raumes zu spüren.

Die Kirche war ja nicht geheizt und doch war mir immer warm an diesem Ort.
Es fühlte sich dort so heil, so ruhig und so friedvoll an.
Die Menschen lächelten, schauten fürsorglich zu uns oder streichelten auch mal unsere Köpfe, Arme, wenn sie an uns vorbei gingen.Berührten uns spontan, so das es respektvoll aber nie unangenehm war.

Mit sieben Jahren hatte ich noch keine weiteren Informationen über Religionen erhalten.Ich kannte auch den Inhalt von einer Bibel nicht.
Mir wurde gesagt das Jesus am 24.12. geboren wurde und das seine Geburt nun singend in der Kirche gefeiert wird.

So einfach.

Diese herzliche Wärme und das wunderbare Licht im Inneren der Kirche spüre ich bis heute.

Dann kam dieser eine Tag, viele Jahre später im Jahre 2005.
Diesen Tag, mit einer Nachricht die ich nicht vergessen werde.

An diesem Tag erfuhr ich von Jessica.
Und von ihrem Leid.
Leben, die Situation im Stadtteil erleben
hatte sich in all den Jahren nicht geändert.

Im Gegenteil.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mordfall_Jessica

Jessica, war ein kleines siebenjähriges Mädchen.Und sie wohnte ebenso in Jenfeld, in einem Nachbarhaus.

Es war ein Schock, ein Trauma, furchtbar, kalt, hart, all die Jahre später und schrecklich ihre kurze Lebens-Geschichte zu hören.
All das Leid das man ihr antat.Leid das sie erleben musste und dann sterben lies.

Jessica lebte auch im Stadtteil.
Jessica verhungerte im Elternhaus.

Neben der kleiner Kirche, auf dem Grundstück der Kirche wurde daraufhin die ARCHE-Hamburg Jenfeld gebaut.

Die Arbeit der ARCHE, die Kinder heute und ihre Geschichten im Stadtteil berühren.
Die Geschichten, die Vergänglichkeit von Geburt und Sterben, ein Verbund.

Heute, an der Seite der kleinen Kirche, wächst die damals erbaute ARCHE beständig weiter an.

Wachstum bedingt die Not-Notwendigkeit und Wendigkeit.Fruchtbarkeit die vergeht und immer wieder neu erblüht.

Die kleine Kirche war uns damals Zuflucht.
Und ihre Wärme strahlt bis heute, weit über den Stadtteil hinaus.
Herzlichen Dank🕯🙏


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